Der Bundesgerichtshof hat sich am 11.07.2012 in einer
Entscheidung mit der Frage befasst, ob dem Mieter auch dann fristlos
wegen eines Mietrückstands gekündigt werden kann, wenn er die Miete
aufgrund eines Irrtums über die Ursache eines Mangels nicht entrichtet.
Die Beklagten waren Mieter eines Einfamilienhauses der
Kläger. Im Dezember 2008 teilten sie den Klägern mit, dass sich im Haus
aufgrund baulicher Mängel Schimmel und Kondenswasser bilden würden.
Anlässlich eines Ortstermins im Dezember 2008 brachten die Kläger
gegenüber den Beklagten zum Ausdruck, dass ihrer Ansicht nach das Heiz-
und Lüftungsverhalten der Beklagten dafür verantwortlich sei. Die
Beklagten minderten die vertraglich vereinbarte Bruttomiete in Höhe von
1.550 € pro Monat für die Monate März 2009 bis Juni 2010 um jeweils 310 €
(20 %). Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 7.
Januar 2010 wegen des bis dahin aufgelaufenen Mietrückstands in Höhe von
3.410 € fristlos.
Mit ihrer Klage haben die Kläger Zahlung des bis
Januar 2010 aufgelaufenen Mietrückstands nebst Zinsen sowie die Räumung
des Hauses verlangt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines
Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 27. Mai 2010 einen zur
Minderung berechtigenden Mangel verneint und der Klage in vollem Umfang
stattgegeben.
Die Beklagten glichen daraufhin im Juni 2010 den für
die Monate Februar 2010 bis Mai 2010 aufgelaufenen Mietrückstand aus und
zahlten ab Juli 2010 unter Vorbehalt wieder die volle Miete. Während
des Berufungsverfahrens glichen die Beklagten im Februar 2011 den zu
diesem Zeitpunkt noch offenen Mietrückstand vollständig aus.
Auf die Berufung der Beklagten hat das
Berufungsgericht die Beklagten – nachdem die Parteien den Rechtsstreit
in der Hauptsache in Höhe von 3.410 € übereinstimmend für erledigt
erklärt hatten - zur Zahlung von Zinsen verurteilt und die Klage
hinsichtlich der Räumung abgewiesen. Bei der Begründung hat es darauf
abgestellt, dass die Beklagten kein Verschulden an der Nichtzahlung der
Miete treffe und sie sämtliche Rückstände im Februar 2011 ausgeglichen
hätten.
Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass auch im Rahmen des § 543 Abs. 2 BGB der Mieter die Nichtzahlung der Miete zu vertreten hat, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass auch im Rahmen des § 543 Abs. 2 BGB der Mieter die Nichtzahlung der Miete zu vertreten hat, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB.
"Für eine mildere Haftung und damit eine Privilegierung des Mieters
besteht auch in den Fällen kein Anlass, in denen der Mieter die Ursache
eines Mangels, hier der Schimmelpilzbildung, fehlerhaft einschätzt. Der
Mieter kann bei Zweifeln die Miete unter Vorbehalt zahlen, so dass ihm
die Möglichkeit bleibt, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte
herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu
sein. Im vorliegenden Fall kann der Zahlungsverzug nicht wegen
fehlenden Verschuldens der Beklagten verneint werden. Den Beklagten
musste sich die Vermutung aufdrängen, dass das Vorhandensein von zwei
Aquarien sowie eines Terrariums mit Schlangen eine die Schimmelbildung
begünstigende höhere Luftfeuchtigkeit in der gemieteten Wohnung bedingte
und somit an das Lüftungsverhalten entsprechend höhere Anforderungen zu
stellen waren."
Die Mietrückstände wurden erst im Februar 2011
vollständig ausgeglichen. Da diese Zahlung nicht mehr innerhalb der
Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB erfolgte, ließ sie die
Wirksamkeit der Kündigung vom 7. Januar 2010 unberührt, so dass die
Beklagten zur Räumung verpflichtet waren.
Das Urteil finden Sie dort: BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 138/11
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Rechtsanwalt Michael Kohberger |
Bei Mängeln an der Wohnung steht den Mietern nach wie vor das Recht zur Minderung der Miete zu: - § 536 BGB:
"
Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln - Hat die Mietsache zur Zeit
der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum
vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit
ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die
Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für
die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine
angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche
Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht...."
Mieter tragen das Risiko einer fristlosen Kündigung, wenn in tatsächlicher Hinsicht kein Mangel vorliegt. Das ist nicht neu! Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist konsequent, zumal der Bundesgerichtshof gleich den passenden Rechtstipp für betroffene Mieter mitliefert, indem er darauf hinweist, dass betroffene Mieter bei Zweifeln an der Begründetheit einer Minderung die Miete auch unter "Vorbehalt" zahlen können, so dass ihnen die Möglichkeit bleibt, eine gerichtliche Klärung ihrer Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein!