Donnerstag, 14. Juni 2012

Vermietung eines Einfamilienhauses: Im Zweifel ist der Garten mitvermietet



Wird ein Einfamilienhaus vermietet und im vorformulierten "Mietvertrag für Wohnungen" mit der Lageangabe nach Ort, Straße und Hausnummer näher bezeichnet, ohne daß sich aus dem Vertragstext ergibt, ob der Garten mitvermietet worden ist, so ist nach der Verkehrsanschauung davon auszugehen, daß das gesamte unter dieser Anschrift gelegene Grundstück mitvermietet ist und nicht nur der unmittelbar am Hause gelegene Ziergarten.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 05.11.1993, Az.: 19 U 132/93

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet.

Den Klägern steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Duldungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Er folgt nicht aus dem Eigentum am Grundstück.

Dabei kann offen bleiben, ob tatsächlich beide Eheleute Eigentümer des Grundstücks sind.

Denn die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Landgerichts aufgrund des Mietvertrages über das Einfamilienhaus ein Recht zum Besitz auch an dem um das Haus herum gelegenen Grund und Boden des gesamten Grundstücks K. Straße 4.

Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Beklagte, die zwar im Rubrum des Mietvertrages als Mieterin neben ihrem Ehemann genannt ist, den Vertrag selbst aber nicht mitunterzeichnet hat, von Anfang an Vertragspartnerin der Kläger war, denn sie ist es zumindest nach dem Tode ihres Mannes gemäß § 569 a BGB geworden.

Dem vorformulierten Wortlaut des Mietvertrags für "Wohnungen" ist der Umfang des gemieteten Objektes nicht auf den ersten Blick zu entnehmen. Die Formulierung "Vermietet wird das EFH. Hü., K. Str. 4" spricht jedoch eher für eine Vermietung von Haus und Grundstück als lediglich des Hauses. Ob eine Grünfläche mit zum Mietobjekt gehört, richtet sich mangels anderweitiger Regelung nach der Verkehrsanschauung (Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, II Rdz. 35). Danach gehört zum Einfamilienhaus im Gegensatz zur Wohnung in der Regel der umliegende Garten.

Dafür spricht hier auch folgendes: Unstreitig nutzt die Beklagte seit jeher einen unmittelbar um das Haus herum gelegenen Ziergarten. Unstreitig hat sich viele Jahre lang in dem Teil des Gartens, in dem nun eine Garage errichtet werden soll, ein Klettergerüst für den Enkel der Kläger und Sohn der Beklagten befunden, welches von den Klägern ihren eigenen Angaben zufolge wegen seiner Unansehnlichkeit und wegen Rostbildung und nicht etwa aus Rechtsgründen entfernt worden ist.

In Verbindung mit dem atypischen Grundstückszuschnitt, der eine sinnvolle Teilung der Gesamtfläche nicht zuläßt, kann die vertragliche Regelung bei vernünftiger Betrachtungsweise nur so verstanden werden, daß die Parteien das Grundstück als zum Haus gehörend und mitvermietet angesehen haben. Dafür spricht auch, daß die Gartennutzung im Rahmen einer Mieterhöhung als Mietwertkriterium angeführt worden ist.

Daß die Kläger auf dem Grundstück Anpflanzungen vorgenommen und sich dort des öfteren aufgehalten haben, steht der Annahme der Mitvermietung schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei den Parteien um nahe Familienangehörige handelt, unter denen Besuche und Hilfeleistungen nichts Ungewöhnliches sind.

Im übrigen ginge eine im Formular-Mietvertrag enthaltene Unklarheit letztlich auch gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Kläger als Verwender des Formulares.

Auch aus dem Mietverhältnis steht den Klägern der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Es handelt sich bei dem beabsichtigten Garagenbau nicht um eine Verbesserungsmaßnahme der Mietsache im Sinne von § 541 b BGB. Im Einfamilienhaus selbst befindet sich nämlich bereits eine Garage. Der Bau würde außerdem im Hinblick auf die bisherige Verwendung des Grundstücks, seine Größe und die Lage auf dem spitz zulaufenden Grundstück für die Beklagte eine Härte bedeuten, die auch bei Würdigung berechtigter Interessen der Kläger nicht zu rechtfertigen wäre. Dem gemieteten Grundstück würde nicht nur ein wesentlicher Teil des Erholungsbereichs genommen, sondern die Zufahrtsmöglichkeit zu der vorhandenen Garage würde durch den beabsichtigten Bau auch ganz erheblich eingeschränkt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Kläger: 8.000,00 DM